Die Schätzung anhand der Richtsatzsammlung als externer Betriebsvergleich ist eine anerkannte Schätzungsmethode in Fällen, in denen ein interner Betriebsvergleich, etwa durch Nachkalkulation, mangels verlässlichen Zahlenmaterials nicht möglich ist. So entschied das Finanzgericht Hamburg (Az. 2 K 218/18). Die in der Literatur aufgeworfene Kritik an der Richtsatzsammlung greife vor dem Hintergrund nicht durch, dass die Richtsatzsammlung keinen normativen Charakter habe, sondern lediglich ein Hilfsmittel sei, das von den Finanzgerichten im Rahmen ihrer richterlichen Würdigung nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls angewandt werde. Gerade durch die große Spannbreite der Rohgewinnaufschlagsätze für Gastronomiebetriebe (im Streitjahr 2014 zwischen 186 % und 400 %) komme der Berücksichtigung des Einzelfalls besondere Bedeutung zu, die die Kritik an der statistischen Erhebung der den Richtwerten zugrundeliegenden Daten zurücktreten lasse.
Wenn nach einer Außenprüfung die Buchführung des Steuerpflichtigen wegen gravierender Mängel verworfen werde und es zur Schätzung von Erlösen komme, bediene sich die Finanzverwaltung regelmäßig der Richtsatzsammlung als Schätzungsgrundlage, die auf einem Vergleich der steuerlichen Ergebnisse anderer Betriebe der Branche beruhen, weil für einen internen Betriebsvergleich häufig angesichts der mangelhaften Buchführung die erforderlichen Daten fehlen. Das Zustandekommen der Richtsatzsammlung, die regelmäßig aktualisiert werde, sei zunehmend in die Kritik geraten und war auch Gegenstand einer kleinen Anfrage (BT-Drs. 19/3987). Der Bundesfinanzhof habe die grundsätzliche Brauchbarkeit der Richtsatzsammlung bislang offengelassen.
Im Streitfall ging es um Hinzuschätzungen bei einem Diskothek-Betrieb, einem Lokal und einer Bar. Das Gericht hat wegen der Mängel der Buchführung die Voraussetzungen für eine Schätzung dem Grund nach bejaht und bzgl. der Höhe von seiner eigenen Schätzungsbefugnis Gebrauch gemacht. Die vom Betriebsprüfer vorgenommene Nachkalkulation sei untauglich, weil Getränkerezepturen unbekannt gewesen seien und die Abgabe von Getränken zu Spezialpreisen nicht im Einzelnen habe nachvollzogen werden können. Das Gericht hat für seine Schätzung die Richtsatzsammlung für Gastronomiebetriebe zugrunde gelegt und einen dem Mittelwert angenäherten Rohgewinnaufschlagsatz angewandt (300 % bei einer Spannbreite von 186 % bis 376 % (in 2013) bzw. 400 % (in 2014).
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt (BFH-Az. X R 19/21).
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